Vielen Menschen fällt „Nein“ sagen schwer. Sie wollen keinen verletzen. Aber sie leiden auch unter den Folgen der mangelnden Abgrenzung. Welche – neuen – Möglichkeiten tun sich mit einem „Nein“ auf? Und was handelt ihr euch eventuell dadurch ein?
Woher kommt die Fähigkeit, nicht „nein“ sagen zu dürfen?
Upps: Ist das überhaupt eine Fähigkeit? Ich denke, ja, es steckt auch eine Kompetenz dahinter: Wer nicht gleich Nein sagt, ist offen für Neues. Er oder sie hat vielleicht empathische Eigenschaften, ist hilfsbereit und antizipiert, was der Andere braucht. Gerade wer im Dienstleistungs-Sektor oder Service arbeitet, tut gut daran, mehr Ja als Nein zu sagen: Wenn der professionelle Rahmen gewahrt und die Dienstleistung samt Gegenwert definiert ist.
Geben und Nehmen – fangt an zu fragen und zu handeln!
Zum Nein sagen lernen gehört, abwägen zu können, wann es angebracht ist. Leiht sich zum Beispiel ständig jemand von euch Geld oder bittet euch dauernd um einen „Gefallen“, weil er oder sie zu faul oder zu bequem ist:
- Fragt nach, woran es liegt. Was er oder sie für sich erreichen will. Worum es ihm/ihr eigentlich geht.
- Nehmt das Ganze nicht als „ausweglose Situation“, wo euch jemand unter Druck setzt. So kommt ihr ins Reden und könnt ein neues, anderes Verhalten aushandeln.
- Spielt den Ball zurück. Setzt eine Grenze. Die Beziehung, ob auf der Arbeit oder privat, kommt sonst (noch mehr) aus der Balance.
Beziehungstipp zum Thema:
Es hilft nicht, das zu tun, was der Andere will, nur damit er bleibt. Er wird erst recht gehen. Denn wer dauerhaft ohne Gegengabe zu viel bekommt, kann es gar nicht mehr zurückgeben. Er muss gehen, weil er das Ungleichgewicht nicht mehr aushält.
Nicht „Nein“ sagen d ü r f e n
Es gibt viele Ratgeber-Bücher zum Thema Nein sagen. Das Problem: Wenn jemand aus seinem Familiensystem heraus ein „don’t“ auf Nein sagen hat, wird er oder sie diese Rat-Schläge nicht annehmen dürfen.
Manchmal scheint sogar die persönliche Existenzberechtigung davon abzuhängen, bloß nicht nein zu sagen. Wenn ihr immer wieder in dieses Muster fallt, und das Gefühl habt, ihr dürft gar nicht anders, empfiehlt sich ein intensiver Blick zurück in eure Familie: Wo war das Muster mal sinnvoll? Wie lässt es sich unterbrechen? Eine Familienaufstellung – mit Figuren, virtuell oder mit realen Stellvertretern – kann euch spannende neue Einblicke geben. Und ein befreites Gefühl beim „Nein“ sagen.
Nicht „Nein“ sagen k ö n n e n
Auch das lässt sich verändern und lernen. Stellt euch dazu vor, ihr steht dem Anderen gegenüber. Und statt sich in ihn hineinzuversetzen und mitzufühlen, bleibt ihr einfach mal im eigenen „Ich“ – in der eigenen Person. Ganz stark machen, aufrecht hinstellen, durchatmen: Was gewinnt ihr, wenn ihr „Nein“ sagt? Denkt an das Plus an Zeit, Geld, Kompetenz – und auch Respekt ob des unerwarteten Verhaltens. Übt das mal: Bei sich bleiben.
Bitte wägt aber auch die Konsequenzen eines „Neins“ ab. Wenn ihr partout nicht damit leben könnt, beißt weiterhin in den sauren „Ja-Sager“-Apfel. Dann aber mit vollem Bewusstsein, weil euch vielleicht etwas Anderes wichtiger ist. Denkt an den „Handel“ (siehe oben).
Wann ihr Nein sagen müsst
Wenn euch jemand ans Fell will, müsst ihr euch abgrenzen, um euch zu schützen. Ich spreche hier bewusst so metaphorisch – ich kenne euren Fall ja nicht im Einzelnen. Es kann Mobbing genauso sein wie körperliche Distanzlosigkeit. Hier hilft es, bei den ersten Anzeichen „Nein“ zu sagen, und euch gar nicht erst in schwierige Situationen zu bringen. Sonst Hilfe holen – private, kollegiale, professionelle.
Volle Verantwortung annehmen – für das „Ja“ und das „Nein“
Nein, ja. Ja, nein: Wer die Wahl hat, hat die Qual – und trägt für sein Handeln die volle Verantwortung. Wenn ihr darin für euch mehr Chance seht als Bedrohung, probiert unsere Anregungen einmal aus. Auch hier gern erstmal auf geschütztem Terrain. Und auch hier gilt: Die Verantwortung liegt bei euch. Wundervoll? Ja, genau!
Mehr erfahrt ihr hier:
About Gudrun Jay-Bößl
Gudrun Jay-Bößl, Heilpraktikerin für Psychotherapie, systemischer Coach und NLP-Master. Lösungsorientiert, pragmatisch und humorvoll. Mit innovativen Methoden aus der Kurztherapie auf zu neuen Möglichkeiten für die KlientInnen.